Als ich im September 1988 nach Kalksburg kam, fand ich eine ganz andere Schule vor, als wir sie heute kennen. Ich übernahm nicht das Tagesinternat der Oberstufe, sondern das der 7. und 8. Klassen, denn fast alle Schüler (Schülerinnen waren erst in der 6.) besuchten das TI, da damals noch eine „Bannmeile“ galt, innerhalb derer man wohnen musste, wenn man ins Externat gehen wollte. Meine Vorgesetzten waren Jesuiten, denen ich heute noch dankbar für ihr Vertrauen bin – besonders Pater Eckhart, von dem ich lernte, dass Menschen wichtiger sind als Regeln. Jesuiten arbeiteten auch noch als Präfekten oder Lehrer – und es gab sogar noch einen Schilift (und genug Schnee) – auch wenn er damals schon außer Betrieb war.
Voneinander und füreinander
In den Jahren danach erlebte ich viele Transformationen, in denen Schule und Tagesinternat mehr und mehr zusammenwuchsen, und ich hatte das Glück, mit Prof. Tutschek (und zunächst auch Prof. Harfmann) einen Chef zu haben, der mir viel Freiheit bei der Gestaltung des Oberstufen-TIs gab – Freiheit, die auch Verantwortung auferlegte.
Zu jener Zeit hatte ich noch eine andere glückliche Begegnung, die meine Arbeit sehr beeinflusste: Unser damaliger Schulseelsorger P. Rudolf Kutschera ermöglichte mir 1994 die Teilnahme am Workshop für Ignatianische Pädagogik in Dresden, aus dem ich wichtige Impulse für meine weitere Tätigkeit mitnahm, besonders aber zwei Dinge: Wir müssen immer den Kontext beachten, in dem Lernen stattfindet, und darauf achten, dass wir das Ziel einer Schule im Ignatianischen Geist nicht vergessen: die Bildung von Menschen für andere.
Obwohl natürlich der Schulalltag im Oberstufen-TI im Mittelpunkt steht, bleibt es doch wichtig, nicht nur zum schulischen Erfolg, sondern auch zum Erlebnis zu verhelfen, dass sich ein Anderer um jemanden in schwierigen Situationen annimmt. Manchmal wird dann aus einer Lerneinheit ein Gespräch über Gott und die Welt (oft auch im Sinne der Worte), das noch lange über den Schluss des Arbeitstags hinausgehen kann.
Zueinander und miteinander
Vielleicht sind wir eine Art von Familie, zu der man auch gerne zurückkehrt, wie der Umstand der langen Reihe von Kolleginnen und Kollegen beweist, die selbst einmal als Schülerinnen oder Schüler das Oberstufen-TI besuchten und wesentlich für den Charakter unserer Abteilung waren und sind. Aber nicht nur sie sind zurückgekehrt (oder haben nach der Matura gar nicht losgelassen), sondern ebenso viele andere, die mit uns mitfeiern, etwa bei der alljährlichen TI-Weihnachtsfeier, bzw. die Schule ohne zu zögern mit Rat und Tat unterstützen, wie gerade eben bei der MaturantInnenberatung in der AKV oder bei der VWA-Probe, bei der der letzte Matura-Jahrgang als „Kommission“ zur Verfügung steht.
In solchen Momenten wird mir bewusst, wie sehr Kalksburg mehr als nur eine Schule ist, und dass diese Gemeinschaft auch durch einen gemeinsamen Geist geprägt wird, den ich immer deutlicher zu spüren vermeine, je länger ich hier arbeite. Und ein besonders schöner Ausdruck dieser Gemeinschaft ist unser Hausfest, das genau dafür steht: für das Miteinander, das Zusammenwirken aller Teile, die mit diesem Haus verbunden sind, um für die Menschen, die sich hier bilden, ein guter Nährboden zu sein. Daher bin ich glücklich, noch weitere zehn Jahre daran mitwirken zu können, neue spannende Herausforderungen zu erleben und Menschen auf ihrem Bildungsweg zu begleiten, die mich dann vielleicht wie so viele andere an ihrem weiteren Weg teilhaben lassen – und hoffentlich oft nach Kalksburg zurückkehren.
Zum Autor
Manfred Hödl
ist seit 30 Jahren am Kollegium Kalksburg in der Nachmittagsbetreuung tätig.
Er ist Präfekt im Tagesinternat der Oberstufe und war maßgeblich an der Neuorientierung des Angebots nach dem Verlassen der Jesuiten beteiligt.
Neben schulischer Hilfestellungen ist ihm das Miteinander und die positive Entfaltung der Jugendlichen im Sinne der Ignatianischen Pädagogik ein großes Anliegen.